Gewerblicher Grundstückshandel
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Ich habe zuletzt in 2010 ein 14 Jahre altes Haus steuerfrei verkauft.
Nun habe ich noch u.a. ein vermietetes Doppelhaus mit 4 Wohnungen. .
Das Grundstück wurde in 2009 angeschafft und in 2010 das Haus erstellt.
Die Frage ist nun, wenn ich die 10 Jahres Frist einhalte, und danach sofort alle vier Wohnungen verkaufe, ob der Verkauf steuerfrei ist, oder ob die drei Objekt Grenze und somit der gewerbliche Grundstückshandel eintritt.
Sollte dies der Fall sein, bin ich dann Zeit meines Lebens gewerblich und kann dann in Zukunft
auch keine weitern Objekte mehr steuerfrei verkaufen, obwohl diese 10 oder mehr Jahre in meinen Besitz sind?
Falls die Gewerblichkeit eintritt ist die Überlegung das Haus noch in diesem Jahr zu verkaufen.
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Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Grundsätzlich gilt....
Als privates Veräußerungsgeschäft wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem Wirtschaftsgüter des Privatvermögens innerhalb kurzer Zeit (bei Immobilien zehn Jahre) nach der Anschaffung wieder verkauft werden. (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG).
Gewinne aus den privaten Veräußerungsgeschäften innerhalb der sog. Spekulationsfrist unterliegen grundsätzlich der Einkommensteuer.
...und...
Ein gewerblicher Grundstückshandel liegt allgemein vor, wenn mehr als drei Objekte in engem zeitlichen Zusammenhang mit ihrem Erwerb (fünf Jahre) veräußert werden und der Steuerpflichtige mit Veräußerungsabsicht handelt. Eine Veräußerungsabsicht wird bei engem zeitlichen Zusammenhang unterstellt. (§15 EStG)
Erst einmal ist die Drei-Objekt-Grenze zu prüfen:
Hier ist jedes einzelne Objekt zuerst zu prüfen. Ich möchte Sie auf die Anlage gerne verweisen.
Bei Ihnen liegt ja folgender Fall vor:
Der Erwerb von unbebauten Grundstücken, um diese nach Bebauung wieder zu veräußern, stellt in der Regel, wenn sich die Tätigkeit nicht wiederholt, keine gewerbliche Tätigkeit dar.
Es liegt jedoch eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn diese hergestellten Gebäude in Eigentumswohnungen aufgeteilt werden und mehr als drei Objekte veräußert werden. Jedes zivilrechtliche Wohnungseigentum ist ein Objekt iSd Drei-Objekt-Grenze.
Die Errichtung und die Veräußerung müssen in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgen. Dieser ist gegeben, wenn die Zeitspanne nicht mehr als fünf Jahre beträgt.
Weiter ist jetzt der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung bei Ihnen zu prüfen:
Alle vier Eigentumswohnungen wurden nicht bereits in der Bauphase oder fünf Jahre nach Fertigstellung oder fünf Jahre nach Teilungserklärung (2010) veräußert.
Nach der Finanzverwaltung kommt es auf die Frage der gewerblichen Beteiligung wesentlich auf die Dauer der Nutzung vor der Veräußerung an.
Sind bebaute Grundstücke bis zur Veräußerung während eines langen Zeitraums (mindestens 10 Jahre) durch Vermietung genutzt worden, so gehört auch noch die Veräußerung der bebauten Grundstücke zur privaten Grundstücksverwaltung.
Die Eigentumswohnungen sind alle nicht länger als 10 Jahre vermietet worden, so dass die Veräußerung dieser Wohnungen als Objekt nicht in die private Vermögensver-waltung gehört.
Das Haus, das 14 Jahre alt ist, ist, unter den Voraussetzungen, dass zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als ein Zeitraum von 10 Jahre waren und das Haus vermietet wurde, nicht in die Drei-Objekt-Grenze miteinzubeziehen. Dieses gehört zum notwendigen Privatvermögen. Die Vermietung gehört dann zur privaten Vermögensverwaltung.
Das heißt, dass laut Ihres geschilderten Sachverhaltes die Veräußerung der vier Wohnungen grundsätzlich nicht zur privaten Vermögensverwaltung gehört und eine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Ich möchte Sie aber bitten, Ihren Einzelfall anhand der im BMF-Schreiben geschilderten Gegebenheiten zu prüfen.
Daher möchte ich Sie auf das anliegende erläuternde BMF-Schreiben vom 26.03.2004 - IV A 6- S 2240 - 46/04, BStBl. I 2004, S.434 und dem anliegenden Prüfschema verweisen. Das BMF-Schreiben geht detailliert auf die Voraussetzungen ein.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und konnte Ihnen einen Überblick über die Problematik verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
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Leider wurden meine Fragen nicht für mich klärend beantwortet.
Ich bitte deshalb nochmal um kurze Antwort.
1. Das Doppelhaus ist noch nicht in Wohneigentum aufgeteilt.
Ich beabsichtige die 10 Jahresfrist zwischen Erwerb und Verkauf einzuhalten, tritt dann trotzdem die drei Objekt Grenze ein, da es ja 4 Wohnungen sind ?
Oder sind Verkäufe ab 10 Jahre Haltefrist generell steuerfrei unabhängig von der Anzahl der verkauften Objekte?
2. Wenn ich diese Wohnungen verkaufe und vom Finanzamt als gewerblich eingestuft werden sollte, gilt dies dann auch für zukünftige Verkäufe für Objekte
die sich schon länger als 10 Jahre in meinem Besitz befinden?
ich hatte den Sachverhalt ein wenig anders verstanden. Vielen Dank für die weiteren Erläuterungen und Ihrer Nachfrage:
Gerne beantworte ich Ihnen nach Ihrem geschilderten Sachverhalt Ihre Fragen:
1:
Für jedes Objekt ist zu prüfen, ob es in den gewerblichen Grundstückshandel gehört oder nicht. (siehe anliegendes Prüfschemata).
Die Verkäufe nach der "10-Jahre-Haltefrist" sind nicht generell steuerfrei unabhängig von der Anzahl der verkauften Objekte.
Grundsätzlich würde ich davon ausgehen, dass nach mehr als zehn Jahren Fremdvermietung eine Veräußerung eines Grundstücksobjektes der privaten Vermögenverwaltung unterliegt und die Frist des § 23 EStG auch vorbei ist, die Veräußerung solch eines Grundstücksobjektes nicht mehr zu versteuern ist.
Nach Ansicht der Finanzverwaltung gilt als
Indiz
für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstücks-handels die Überschreitung der sog. "Drei-Objekt-Gren- ze".
Danach ist die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines Fünfjahreszeitraums grundsätzlich gewerblich.
Die Veräußerung von mehr als drei in bedingter Verkaufsabsicht erworbener oder errichteter Objekte innerhalb dieses Zeitraums führt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen ( § 15 Abs. 2 EStG ) grundsätzlich zur Gewerblichkeit aller - d.h. auch der ersten drei - Objektveräußerungen.
Die zeitliche Grenze von fünf Jahren hat allerdings keine (!!!) starre Bedeutung.
Das heißt, auch in Ihrem Fall:
Ein gewerblicher Grundstückshandel kann z.B. bei einer höheren Zahl von Veräußerungen nach Ablauf dieses Zeitraums oder aber auch bei einer hauptberuflichen Tätigkeit im Baubereich vorliegen.
Auch wenn Sie die Eigentumswohnungen nach zehn Jahren Vermietung verkaufen, kann die Finanzverwaltung unter den gegebenen Voraussetzungen im Einzelfall von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgehen. Hier müssen die Gründe aber sehr stichhaltig sein.
Zum Beispiel:
Wenn kein enger, zeitlicher Zusammenhang zwischen der Errichtung oder dem Erwerb und der Veräußerung der Objekte besteht, kann dennoch ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen, wenn der Steuerpflichtige die Objekte vor der Veräußerung in nicht unerheblichem Maße modernisiert und hierdurch ein Wirtschaftsgut anderer Marktgängigkeit entstanden ist. Für die Veräußerungsabsicht kommt es dann auf den engen zeitlichen Zusammenhang mit der Modernisierung an.
2.
Nein:
Für jedes Objekt ist zu prüfen, ob es in den gewerblichen Grundstückshandel gehört oder nicht. (siehe anliegendes Prüfschemata).
Wenn Sie zum Beispiel ein Objekt eigennutzen und dann veräußern, wird hier zwar auch geprüft, ob dieses Objekt miteinbezogen wird. Sehr wahrscheinlich bleibt dieses aber außen vor.
Der Umfang eines gewerblichen Grundstückshandels wird grundsätzlich durch den veräußerten Grundbesitz bestimmt.
Wird von dem Finanzamt ein gewerblicher Grundstückshandel angenommen, wird dieser mit Verkauf des letzten Objekts oder durch die endgültige Einstellung der Verkaufstätigkeiten beendet.
Das Finanzamt betrachtet den gesamten Sachverhalt Ihrer Tätigkeit rund um die Veräußerung von Grundstücksobjekten. Bei der "drei-Objekt-Grenze" bzw. dem 5-Jahreszeitraum handelt es sich um Indize. Es kann sein, dass Sie bestenfalls u.B. 10 Grundstücksobjekte in Ihrem langjährigen "steuerlichen" Leben veräußern und keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben haben, da Sie vielleicht nicht wie ein Teilnehmer am wirtschaftlichen Markt aufgetreten sind.
Es kann aber auch schon sein, dass das Finanzamt worst case bei zwei Objekten aufgrund der Vorlage verschiedener anderer Voraussetzungen sagt, dass ein Fall des gewerblichen Grundstückshandel vorliegt.
Daher möchte ich Sie bitten, in Ihrem Einzelfall die gegebenen vorliegenden Voraussetzungen zu prüfen oder zu prüfen lassen.
Ich hoffe, meine Antworten haben Ihnen nun weitergeholfen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig