Geschäftswagen bei Selbstständigkeit
Beantwortet von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Uhlig,
ich bin nun seit ca. 6 Jahren im Gastronomiebereich tätig bzw. selbstständig und betreibe eine Schankwirtschaft. Bisher hatte ich mir noch keine Gedanken über die Anschaffung eines Geschäftsautos gemacht, da ich mein Privat-Kfz nutze, ja bis heute: In einer kurzen Zusammenstellung bzw. Berechnung meinerseits ist mir folgendes aufgefallen:
1. Einen PKW benötige bzw. nutze ich so oder so, warum also nicht gleich dem Geschäft lasten...
2. Zuerst dachte ich, ich käme keinesfalls auf die geforderten 50% geschäftlich.mNutzungsanteil, um die 1% Regel durchführen zu können (Die durchgehende Nutzung eines Fahrtenbuch's wäre auf keinen Fall eine Möglichkeit für mich, da meiner Meinung nach zu viel Aufwand damit verbunden ist). Nach einer groben Berechnung ist mir aber aufgefallen, dass ich zum einen insgesamt sehr wenig fahre (also auch privat), dann natürlich auch die Einkäufe mit dem PKW regel, zum anderen aber auch (!!! Und das eigentlich fast jede Nacht!!!) meine Kunden nach Hause fahre, ohne Entgelt versteht sich.
Zu meiner eigentlichen Frage also:
Können diese Fahrten zur Errechnung des Nutzungsverhältnisses zwischen Privat und Geschäftlich miteinberechnet bzw. an das FA über die Erfassung in den ersten 3 Monaten übermittelt werden? Gibt es Empfehlungen Ihrerseits?
Kleine Nebeninfo: Die Gaststätte liegt in derselben Straße, in der ich wohne.
Ich danke im Voraus für Ihre Antwort!
Yilmaz
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Antwort von Steuerberater Dipl-Finanzwirt Jeannette Klüsener
Sehr geehrter Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich möchte Ihnen nachfolgend im Rahmen einer Erstberatung einen Überblick über die steuerlichen Besonderheiten Ihres vorgetragenen Sachverhalts geben:
Gehört Ihr Fahrzeug zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen?
Wirtschaftsgüter (z. B. Fahrzeuge) werden entweder dem Privatvermögen oder dem Betriebsvermögen zugeordnet, wobei das Betriebsvermögen nochmals in notwendiges Betriebsvermögen oder gewillkürtes Betriebsvermögen unterteilt wird.
Notwendiges Betriebsvermögen liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung immer vor, wenn das Wirtschaftsgut zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird. Eine betriebliche Nutzung stellen auch die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte dar.
Wird das Wirtschaftsgut zu weniger als 10 % betrieblich genutzt, gehört es zum Privatvermögen.
Bei einer betrieblichen Nutzung zwischen 10 % und einschließlich 50 % liegt entweder Privatvermögen oder gewillkürtes Betriebsvermögen vor.
Die Entscheidung, ob das Wirtschaftsgut dann dem Privatvermögen oder dem Betriebsvermögen zugeordnet wird, trifft der Steuerpflichtige.
Nachweis der betrieblichen Nutzung
Der private Nutzungsvorteil kann durch das Führen eines Fahrtenbuches ermittelt werden. Ein Fahrtenbuch soll die Zuordnung von Fahrten zur betrieblichen und beruflichen Sphäre ermöglichen und darstellen.
Hinsichtlich des Nachweises schreibt die Finanzverwaltung: Der Umfang der betrieblichen Nutzung ist vom Steuerpflichtigen darzulegen und glaubhaft zu machen. Dies kann in jeder geeigneten Form erfolgen. Auch die Eintragung in Terminkalendern, die Abrechnung gefahrener Kilometer gegenüber den Auftraggebern, Reisekostenaufstellungen sowie andere Abrechnungsunterlagen können zur Glaubhaftmachung geeignet sein.
Sind entsprechende Unterlagen nicht vorhanden, kann die überwiegende betriebliche Nutzung durch formlose Aufzeichnungen über einen repräsentativen zusammenhängenden Zeitraum (i.d.R. 3 Monate) glaubhaft gemacht werden. Dabei reichen Angaben über die betrieblich veranlassten Fahrten (jeweiliger Anlass und die jeweils zurückgelegte Strecke) und die Kilometerstände zu Beginn und Ende des Aufzeichnungszeitraumes aus.
Hat der Steuerpflichtige den betrieblichen Nutzungsumfang des Kraftfahrzeugs einmal dargelegt, so ist, wenn sich keine wesentlichen Veränderungen in Art und Umfang der Tätigkeit oder bei den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ergeben, auch für die folgenden Veranlagungszeiträume von diesem Nutzungsumfang auszugehen.
Private Nutzung
Der private Nutzungsanteil kann anhand der 1 % Regelung ermittelt werden, wenn eine betriebliche Nutzung des Fahrzeuges nachweislich mehr als 50 % beträgt.
Mit der sogenannten Ein-Prozent-Regelung findet eine pauschale Versteuerung eines (teilweise) privat genutzten Firmenwagens statt. In diesem Fall wird ein Prozent des Brutto-Listenpreises (abgerundet auf volle Hunderter) des Fahrzeugs (einschließlich aller Extras und der Mehrwertsteuer) als geldwerter Vorteil pro Monat versteuert, d. h. 12 Prozent pro Jahr.
Durch Führen eines Fahrtenbuches und Vorlage beim Finanzamt kann der tatsächliche Anteil der privaten Nutzung schlüssig nachgewiesen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG). Statt einer pauschalen Besteuerung („Ein-Prozent-Regelung“) wird der geldwerte Vorteil auf Basis des tatsächlichen Anteils der privaten Nutzung ermittelt. Dies führt häufig zu einem weitaus niedrigeren Betrag als bei der pauschalen Besteuerung. Dabei ist aber zu beachten, dass das Fahrtenbuch laufend geführt werden muss, denn die Finanzverwaltung stellt an das Führen von Fahrtenbüchern strenge Anforderungen.
Anzumerken ist noch, dass die Fahrten, die Sie unternehmen, um Ihre Kunden nach Hause zu fahren, auf jeden Fall zu den betrieblichen Fahrten gehört. Das ist quasi Ihr Service, den Sie Ihren Kunden anbieten.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen weitergeholfen und konnte Ihnen einen ersten Überblick über die Problematik verschaffen.
Mit freundlichen Grüßen
Jeannette Uhlig, Steuerberaterin
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