gegen den eigenen Anwalt
Beantwortet von Rechtsanwältin Silvana Grass
Fragestellung
Ich stelle diese Anfrage im Auftrag meiner Ehefrau.
Im Zusammenhang mit einer Trennung und Gütertrennung (keine Scheidung) hat die Anwältin meiner Frau entgegen ihrer ersten Aussage, daß mit den zwei gestellten Rechnungen (€ 226,10 und € 4437,39) alles erledigt ist, nach erfolgter Gütertrennung noch eine 3. Rechnung nachgereicht (€ 7472,61) mit der Begründung, dass Sie bei der 2. Rechnung falsche Berechnungswerte hinterlegt hat. Die Vorgehensweise zur 3. Rechnung war mehr als merkwürdig und hat dazu geführt, dass meine Frau den Sachverhalt an die Beschwerdeabteilung der Rechtsanwaltskammer Stuttgart zur Prüfung weitergeleitet hat. Diesen Schriftverkehr füge ich zur Information bei. Unabhängig von der abschließenden Bewertung der Rechtsanwaltskammer, daß keine berufsrechtlich relevanten Verstöße ersichtlich sind und man offensichtlich auch kein ethisch/moralisches Fehlverhalten der Anwältin gegenüber meiner Frau sieht, möchte meine Frau (und auch ich) nun Folgendes geklärt haben:
Sollte die nachgereichte 3. Rechnung sachlich richtig sein, so ist meiner Frau durch die nachgereichte Rechnung ein Schaden entstanden. Zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung (4.7.16) konnte meine Frau den Rechnungsbetrag nicht mehr aus unserem gemeinsamen Ehe-Vermögen bezahlen, da die von der Anwälting vorbereitete und begleitete Gütertrennung schon am 8.6.16 vom Notar durchgeführt wurde. So musste meine Frau die € 7472,61 also komplett von ihrem eigenen Vermögen bezahlen wodurch ihr ein Schaden von 50% des Rechnungsbetrages €3736,31 entstanden ist. Hat meine Frau Anspruch auf Rückerstattung dieses Betrages?
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Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrter Ratsuchender,
grundsätzlich hat der Rechtsanwalt nach den Rechtanwaltsvergütungsgesetz (RVG) abzurechnen. Die Regel ist dabei die Abrechnung nach dem Gegenstandswert, wobei der Rechtsanwalt hierauf zu Beginn des Mandates hinweisen muss. Es besteht also seitens des Rechtsanwaltes keine Aufklärungspflicht über die eigentliche Höhe der Gebühren, sondern nur hinsichtlich des Umstandes, dass sich die Gebühren aus dem Gegenstandswert berechnen.
Ob nun in Ihrem Fall die Rechtsanwältin diese Hinweispflicht erfüllt hat oder nicht kann im Ergebnis dahinstehen, denn letztlich wurde eine Honorar- oder Vergütungsvereinbarung geschlossen, die es dem Rechtsanwalt erlaubt, von den gesetzlichen Gebühren abzuweichen.
Im Rahmen dieser Honrorarvereinbarung hat man sich verpflichtet, einen Betrag in Höhe von 10.000 EUR zzgl. MwSt. zu zahlen. Damit entsteht eine entsprechende Schuld gegenüber der Rechtsanwältin. Aufgrund dieser getroffenen Vereinbarung ist die frühere Aussage, dass mit Begleichung der Rechnung über 4.437,39 die Angelegenheit beendet ist, „überholt“ und nicht mehr maßgeblich. Hinzukommt, dass sich eine solche verbale Äußerung in der Regel auch nicht beweisen lassen wird.
Zu denken wäre daran, ob die Honorarvereinbarung wirksam ist oder ob sie ggf. anfechtbar ist. Unwirksam wäre die Vereinbarung nur, wenn die Unterzeichnerin beim Unterschreiben aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht geschäftsfähig war. Wenn man sich hierauf berufen wollte, müsste man dies durch Vorlage entsprechender ärztlicher Dokumente nachweisen. Dabei muss allerdings bedacht werden, dass in diesen Fall auch der geschlossene Notarvertrag unwirksam wäre.
Lag eine Geschäftsunfähigkeit nicht vor, so könnte ggf. die Vereinbarung angefochten werden. Hierzu muss ein Anfechtungsgrund vorliegen, was ein Irrtum sein könnte oder der Umstand getäuscht und bedroht worden zu sein (§§ 119, 123 BGB). Hinsichtlich letzterem müsste der Anfechtende die Voraussetzungen, nämlich die Täuschung und Drohung, nachweisen. Im Falle eines Irrtums sieht das Gesetz einen Schadensersatzanspruch zugunsten des Anfechtungsgegners vor (§ 122 BGB). Im Ergebnis wird auch dieser Weg nicht dazu führen, die Vereinbarung „zu kippen“ und damit den Betrag nicht zahlen zu müssen.
Wenn keine Vereinbarung oder eine unwirksame Vereinbarung vorgelegen hätte, dann hätte die Rechtsanwältin die Möglichkeit, nach dem Gegenstandswert abzurechnen. Aufgrund der Unterlagen, die sich diesseits nicht weiter überprüfen lassen, muss davon ausgegangen werden, dass der Gegenstandswert bei 422.252,33 EUR liegt. In diesem Fall würden sich nach dem RVG Gebühren in Höhe von 4.808,67 EUR ergeben.
Da aber eine Vereinbarung vorliegt, mit der der Rechtsanwalt das Recht hat, auch zuungunsten des Mandanten ein deutlich höheres Honorar zu verlangen, wird man die Zahlung leider nicht umgehen können.
Unabhängig davon, dass es keine Verpflichtung gab, die Vereinbarung zu unterschreiben, ist auch kein Schaden zu erkennen. Da deutliches Vermögen auf Seiten der Zahlungspflichtigen vorhanden war, ist der Eintritt eines Schadens nicht erkennbar. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, aus welchen Mitteln eine Rechnung beglichen wird oder werden kann.
Ich bedaure, Ihnen keine positivere Mitteilung machen zu können, aber die Rechtslage ist eindeutig und leider zugunsten der Rechtsanwältin. Sofern sich Ihrerseits noch Nachfragen ergeben sollten, nehmen Sie bitte Kontakt auf, damit diese umgehend bearbeitet werden können.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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