Erbrecht
Fragestellung
Guten Tag,
wir haben eine komplexe Erbauseinandersetzung.
Dabei gibt es 9 Erben als Erbengemeinschaft, welche auch gleichzeitig Vermächtnisnehmer von landwirtschaftlichen Grundstücken und 4 älteren, vermieteten Häusern sind. Via Testament wurde eine Testamentsvollstreckerin (TV) benannt. Diese hat in eigener Entscheidung eine Rechtsassessorin als Unterstützung hinzu geholt. Die TV ist Steuerberaterin und hat die steuerlichen Erbangelegenheiten abgewickelt, die restlichen Arbeiten werden hauptsächlich von der Rechtsassessorin ausgeführt.
Da im Erbentopf praktisch kein Vermögen vorhanden ist, werden die aktuellen Ausgaben (Heizmaterialkauf, Reparaturen, Versicherungen usw.) nur über die monatlichen Mieteinnahmen der vorhandenen Häuser aus dem Erbentopf durch die TV abgedeckt.
Vermögenswert der Vermächtnisse: ca.1,2 Millionen Euro.
Aktuell haben alle 9 Erben eine Einschussforderung von je 10.000€ für den Erbentopf von der TV erhalten, um aktuellen und zukünftigen Kosten abzudecken.
Unter anderem ca. 50.000€ für die TV und Rechtsassorin als Vorschuss (nach dem Motto > was wir haben, müssen wir uns später nicht holen)
Erst wenn die obige Einschussforderung bezahlt ist, wird die TV die Auflassung für die Vermächtnisse (Häuser) beantragen.
Frage:
1. Ist die Vorgehensweise, wie oben beschrieben, inklusive der hohen TV Gebühr von 50.000€ bei dem genannten Vermögenswert gerechtfertigt.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Zum Vorgehen der TV:
Der Testamentsvollstrecker hat die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen, § 2203 BGB.
Der Testamentsvollstrecker hat nach § 2304 BGB, wenn mehrere Erben vorhanden sind, die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§ 2042 bis 2057a BGB zu bewirken.
Der Testamentsvollstrecker hat die Erben über den Auseinandersetzungsplan vor der Ausführung zu hören.
Der Auseinandersetzungsplan müsste hier (noch) aufgestellt werden und die Anhörung dazu stattfinden.
Das mit den Einschussforderungen geht meines Erachtens durchaus:
Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass zu verwalten.
Dazu kann er Verbindlichkeiten eingehen, über Nachlassgegenstände verfügen und auch Überweisungen an die Erben tätigen, um die aktuellen und zukünftigen Kosten abzudecken, soweit damit noch keine Auseinandersetzung verbunden ist.
Dazu bedarf es oben genannten Planes und die Nachlassverbindlichkeiten, so auch die Vermächtnisse, müssen vorher beglichen sein, bevor der Überschuss an die Miterben verteilt wird.
Zu der Vergütung:
§ 2221 BGB bestimmt die Vergütung des Testamentsvollstreckers leider nur rudimentär:
Der Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amts eine angemessene Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein anderes bestimmt hat.
Bei einem Nachlasswert (nicht Vermächtniswert allein) bis zu 1.250.000 Euro geht man nach den in der Praxis üblichen Tabellen von 1 - 2,5 % als Vergütung aus, womit der Mittelwert bei 1,75 % liegen würde, hier also: 21.875,- €.
Entscheidend ist aber der gesamte Nachlasswert.
Die Berechnungsgrundlagen sind aber kompliziert, weshalb dezidiert dieses von der TV zu begründen ist. Abweichungen von den gängigen Tabellen sind nicht selten möglich, das sich laut BGH-Rechtsprechung eine schematische Betrachtung verbietet.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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