Erbrecht
Fragestellung
Sehr geehrte Frau Grass,
ich habe eine Frage zu einer bevorstehenden Erbschaft.
Ich bin der jüngste von 3 Söhnen. (1965 geboren)
Der mittlere Sohn (1963 geboren) lebt seit 30 Jahren in Australien.
Das Verhältnis zu unserer Mutter (1942 geboren) ist sehr gut.
Das Verhältnis zu unserem ältesten Bruder ist leider sehr schlecht.
Meine Mutter wünscht ihn zu enterben.
Anlass, warum ich ihren Rat einhole sind die jüngsten Ereignisse.
Mein Vater ist 1986 gestorben.
Meine Mutter war Alleinerbe.
Sie lernte einen neuen Mann kennen und seit 1987 war sie in einer glücklichen neuen Beziehung.
Leider verstarb dieser Mann (nicht verheiratet, oder eingetragenen Gemeinschaft) im Juni 2019.
Meine Mutter hat sich seit dem Tot ihres Lebensgefährten verstärkt um das Haus gekümmert. Sie hat ungefähr 40.000 € in Renovierungsarbeiten gesteckt.
Meine Mutter fragte mich bereits vor Jahren, ob ich mit meiner Frau in das Haus einziehen möchte, nachdem sie gestorben sei. Da ich kein eigenes Haus habe, sagte ich Ja.
Sie freute sich darüber, dass einer ihrer Söhne in das Haus einziehen würde. Es gab ihr ein Gefühl von Beständigkeit. Dass es einen Sinn gemacht habe, sich über viele Jahre um das Haus gekümmert zu haben. Daher auch die Motivation, jetzt noch viele Arbeiten zu erledigen, solange sie noch dazu in der Lage ist. Ihre Worte heute am Telefon waren, „darum soll das Testament so sein, dass das Haus auf keinen Fall "verloren" geht“.
Das Haus ist schuldenfrei und ca. 500.000,-€ Wert.
Das Testament soll so gestaltet werden, dass der älteste Sohn enterbt wird und ich mit meiner Frau einziehen kann.
Meine Mutter mit 3 Söhnen, die wiederrum alle eine Frau haben und jeweils mit 2 Kindern gesegnet wurden. Urenkel gibt es zurzeit nicht.
Jetzt die Fragen.
Wie muss das Testament verfasst sein, dass:
Ich mit meiner Frau (wir heiraten im Juni 2021) nach dem Tot meiner Mutter in das Haus einziehen können.
Welchen Betrag muss ich ggf. meinem mittleren Bruder auszahlen? Wie gesagt, das Verhältnis ist gut und er soll das gleiche bekommen wie ich.
Wie können wir es erreichen, dass der älteste Sohn nichts bekommt?
Welche Rolle spielen die Kinder und die Frauen der 3 Söhne?
Grüße und vielen Dank für ihre Mühe
Oliver Pelz
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Antwort von Rechtsanwältin Silvana Grass
Sehr geehrter Ratsuchender,
zunächst stellt sich die Frage, welchen genauen Inhalt das Testament hatte, welches Ihr Vater hinterlassen hat. Aufgrund der Tatsache, dass Sie schrieben, dass Ihre Mutter Alleinerbin ich, muss es ein Testament gegeben haben.
Sollte dieses ein Berliner Testament sein, in dem auch eine Schlusserbenfolge verfasst wurde, dann wäre dieses bindend mit der Konsequenz, dass Ihre Mutter kein anderes Testament verfassen kann. Dies wäre nur möglich, wenn in diesem Berliner Testament eine sog. Eröffnungsklausel vorhanden ist, also der überlebende Ehegatte ein neues Testament verfassen darf.
Haben wir keine Bindung wie beschrieben, könnte Ihre Mutter in dem Testament schreiben, dass Sie und Ihr Bruder Alleinerben werden, während der Bruder Nr. 3 enterbt wird. Zudem könnte Ihre Mutter Ihnen ein Vermächtnis aussprechen, indem sie verfügt, dass die Immobilie X an Sie zu Alleineigentum fallen soll. Wenn Ihre Mutter möchte, dass Sie ein Gleichstellungsgeld an den Bruder zahlen, sollte in dem Testament stehen, dass Sie einen Betrag X an den Bruder zu zahlen haben. Fair wäre hier der hälftige Wert der Immobilie. Aber letztlich kann dies Ihre Mutter auch abweichend festlegen.
Wenn der älteste Sohn enterbt wird bekommt er kein Erbe. Es ist aber leider kaum möglich, dass er gar nichts bekommt, denn der sog. Pflichtteil (in Ihrem Fall in Höhe von 1/6 des Nachlasses) steht ihm immer zu (§ 2303 BGB). Für die Entziehung des Pflichtteils müssen gem. § 2333 BGB schon sehr gewichtige Gründe vorliegen, die zumeist nicht gegeben sind und für die keine Anhaltspunkte ersichtlich sind. Letztlich wird der Bruder den Pflichtteil bekommen müssen, wenn er diesen begehrt.
Die jeweiligen Ehefrauen haben keinerlei Erbanspruch. Lediglich die Kinder der Söhne wären erbberechtigt, wenn der Sohn vor den Enkeln versterben würde.
Ich hoffe, Ihnen Ihre Fragen beantwortet zu haben. Gern können Sie bei Nachfragen oder Unklarheiten wieder Kontakt mit mir aufnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
RA Grass
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