Erbrecht und Konkursrecht
Fragestellung
Eine Schuldnerin (Sch) geriet in ein Konkursverfahren, das in Folge ihres Todes im Jahre 1999 nachfolgend als Nachlasskonkursverfahren geführt wurde. Beerbt wurde sie von ihrem Freund (Fre), der Anfang 2002 verstarb.
Der nach der Gemeinschuldnerin verstorbene Freund hat zwei mit ihm nicht verwandte Erben (NVE).
Zu Gunsten des verstorbenen Freundes (Fre) hat der Nachlasskonkursverwalter eine hohe Forderung festgestellt.
Diese Forderung ist seitens des Nachlasskonkursverwalters auch durch Zahlung an die Erben des Fre, mithin an NVE erfüllt worden.
Wir sind Inhaber einer deutlich geringeren Forderung, die zur Tabelle des Nachlasskonkursverwalters festgestellt wurde. Da es sich aber um Zinsen handelt, die nur nachrangig bedient werden, kam es nicht zur Erfüllung der zur Tabelle festgestellten Zinsforderung als Nachlassverbindlichkeit der Gemeinschuldnerin (§ 226 Abs. 2 Ziff. 1 KO in der Fassung bis zum 31.12.1998).
Aus der für uns zur Tabelle festgestellten Zinsforderung sind diesseits die Erben (NVE) des Erben (Fre) der Gemeinschuldnerin (Sch) in Anspruch genommen worden.
Diese hatten - durch Forderungsanmeldung des Erben Fre eine deutlich darüber hinausgehende - zuvor zur Tabelle festgestellte Forderung des Erben Fre der Gemeinschuldnerin Sch vom Nachlasskonkursverwalter ausgezahlt bekommen.
Das Erbe haben NVE nicht ausgeschlagen.
Aus den zur Tabelle festgestellten Forderungen haben wir die Erben (NVE) des Erben (Fre) der Gemeinschuldnerin (Sch) in Anspruch genommen.
Diese führen aus, dass der Nachlass der Gemeinschuldnerin durch Verteilung „erschöpft“ sei. Ein Überschuss hieraus hätten sie nicht erhalten.
Sie seien nur Erben des Erben (Fre) der Gemeinschuldnerin (Sch).
Sie würden nur beschränkt auf den Nachlass haften und wiesen auf die §§ 1989, 1975 und 1973 BGB hin.
Frage: Müssen sich die Erben des Erben der Gemeinschuldnerin (NVE) die höhere Zahlung, die sie als Erben des Erben (Fre) der Gemeinschuldnerin (Sch) erhalten haben, anrechnen lassen mit der Folge der Haftung für die zur Tabelle festgestellten Zinsforderungen?
NVE haben letztlich aus dem Nachlass - wenn auch über einen Zwischenerben – deutlich höhere Beträge aus dem Nachlass erhalten.
Die NVE haben auch nicht das Erbe „ausgeschlagen“.
Das Vermögen aus dem Nachlass wurde durch den Nachlasskonkursverwalter komplett verteilt.
ME hätte sich der Erbe (Fre) der Gemeinschuldnerin - wenn nicht verstorben - der eine deutlich höhere Forderung als die geltend gemachte Zinsforderung zur Tabelle festgestellt bekommen hat, sich wg. der sog Universalsukzession nicht auf die Einrede der Beschränkung der Haftung auf das Nachlassvermögen berufen können, da dieser ja ganz erhebliche Zahlungen aufgrund der zu seinen Gunsten festgestellten Forderung erhalten hat.
Da der „Zwischenerbe“ (Fre) dies nicht konnte, können sich mE die „Enderben“ (NVE) sich gleichfalls nicht auf die Beschränkung der Haftung berufen. Trifft dies zu?
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Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Zunächst zur Klarstellung die drei genannten Vorschriften:
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt dazu in § 1975 - Nachlassverwaltung; Nachlassinsolvenz:
“Die Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlass, wenn eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist.“
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1989 Erschöpfungseinrede des Erben
“Ist das Nachlassinsolvenzverfahren durch Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet, so findet auf die Haftung des Erben die Vorschrift des § 1973 entsprechende Anwendung.“
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1973 Ausschluss von Nachlassgläubigern
“(1) Der Erbe kann die Befriedigung [eines im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Nachlassgläubigers insoweit] verweigern, als der Nachlass durch die Befriedigung [der nicht ausgeschlossenen Gläubiger] erschöpft wird. Der Erbe hat jedoch den ausgeschlossenen Gläubiger vor den Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen zu befriedigen, es sei denn, dass der Gläubiger seine Forderung erst nach der Berichtigung dieser Verbindlichkeiten geltend macht.
(2) Einen Überschuss hat der Erbe zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlassgegenstände durch Zahlung des Wertes abwenden. Die rechtskräftige Verurteilung des Erben zur Befriedigung eines ausgeschlossenen Gläubigers wirkt einem anderen Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.“
Im Einzelnen zum Fall:
Die Voraussetzungen der Vorschriften scheinen mir offensichtlich vorzuliegen.
Ist das Nachlassinsolvenzverfahren nach Verteilung der Masse oder durch einen Insolvenzplan beendet worden, haftet der Erbe für Nachlassforderungen nur noch mit einem etwa gleichwohl verbliebenen NACHLASS also nur noch wie gegenüber einem ausgeschlossenen Gläubiger.
Die Haftung des Erben ist eben auf den Nachlass beschränkt. Dieser ist allein entsprechend zu bestimmen, das sind auch die geerbten Schulden der Gläubigerin, weitervererbt vom Freund an die NVE 1 und 2.
Es geht nicht um Überschüsse aus eigenen gegen den einen oder anderen Schuldner geltend gemachten Forderungen.
Darlegungs- und beweispflichtig für die Erschöpfung des Nachlasses ist.
Stellt sich nachträglich heraus, dass noch zum Nachlass gehörende Gegenstände oder Forderungen vorhanden sind, hat zunächst eine Nachtragsverteilung zu erfolgen.
Daher werden sich die NVE 1 und 2 durchaus auf die Haftungsbeschränkung aller Voraussicht nach berufen können.
Zur Ihrer ersten Frage (“Frage: Müssen sich die Erben des Erben der Gemeinschuldnerin (NVE) die höhere Zahlung, die sie als Erben des Erben (Fre) der Gemeinschuldnerin (Sch) erhalten haben, anrechnen lassen mit der Folge der Haftung für die zur Tabelle festgestellten Zinsforderungen?
NVE haben letztlich aus dem Nachlass - wenn auch über einen Zwischenerben – deutlich höhere Beträge aus dem Nachlass erhalten.“) ist mir aber noch etwas unklar:
Könnten Sie noch mal genauer darstellen, gegen wen der Freund eine hohe Forderung hatte, das ist mir so leider nicht ganz deutlich geworden. Vielen Dank im Voraus, dann antworte ich Ihnen ergänzend.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
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vielen Dank für Ihre Information.
Am Ende Ihrer Ausführungen weisen Sie daraufhin, dass Ihnen noch etwas unklar geblieben ist: "Könnten Sie noch mal genauer darstellen, gegen wen der Freund eine hohe Forderung hatte, das ist mir so leider nicht ganz deutlich geworden. Vielen Dank im Voraus, dann antworte ich Ihnen ergänzend.":
Die Kette ist Gemeinschuldnerin (Sch)--Erbe Freund (Fre)---Erben des verstorbenen Fre (NVE);
Der Erbe (Fre) hat hohe Forderungen gegen Sch gehabt. Diese sind zu seinen Gunsten zur Tabelle festgestellt worden. Die Verteilung durch den Nachlasskonkursverwalter hat Fre aber nicht mehr erlebt. Die Auszahlung des gesamten Betrages, der zu Gunsten von Fre zur Tabelle im Rahmen des Nachlasskonkursverfahrens der Sch festgestellt wurde erfolgte an die beiden Erben des Fre (hier NVE)...
Hierdurch bedingt sind NVE nur dadurch, dass sie Erben von Fre wurden im Plus. Sie haben eine hohe Zahlung aus dem restlichen Nachlassvermögen der Sch vom Nachlasskonkursverwalter ausgezahlt bekommen.
Dieser an NVE ausgezahlte Betrag liegt der Höhe nach weit über dem Betrag der als (nachrangige) Zinsforderung zur Tabelle für uns festgestellt wurde.
Bei der Berechnung des Überschusses iSv § 1973 II BGB wird aber wohl die durch den Nachlasskonkursverwalter befriedigte Forderung des Fre gegen Sch (auch wenn nicht Fre, sondern NVE das Geld erhalten haben) nicht "mitgerechnet" werden können.
Welche Auffassung vertreten Sie hierzu?
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
"Ja" ist die Antwort auf Ihre Frage:
"Bei der Berechnung des Überschusses iSv § 1973 II BGB wird aber wohl die durch den Nachlasskonkursverwalter befriedigte Forderung des Fre gegen Sch (auch wenn nicht Fre, sondern NVE das Geld erhalten haben) nicht "mitgerechnet" werden können."
Haftungsmasse ist allein nur der Nachlass und nicht andere eigene Vermögenswerte, mögen Sie auch gegenüber dem Schuldner und dem Nachlass erzielt worden sein.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
"Ja" ist die Antwort auf Ihre Frage:
"Bei der Berechnung des Überschusses iSv § 1973 II BGB wird aber wohl die durch den Nachlasskonkursverwalter befriedigte Forderung des Fre gegen Sch (auch wenn nicht Fre, sondern NVE das Geld erhalten haben) nicht "mitgerechnet" werden können."
Haftungsmasse ist allein nur der Nachlass und nicht andere eigene Vermögenswerte, mögen Sie auch gegenüber dem Schuldner und dem Nachlass erzielt worden sein.
Es verbleibt daher leider bei meiner ersten Antwort.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt