Erbrecht, Familienrecht
Beantwortet
Fragestellung
Guten Tag, ich hätte gerne eine Auskunft zu folgendem Sachverhalt:
Familie, drei Schwestern, ein Bruder.
Der Vater war 4 Jahre pflegebedürftig, Pflegestufe 5. Mit 92 Jahren im September 2017 verstorben.
Die Mutter ist 91, Pflegestufe 4.
Die Pflege findet im eigenen Haus statt, seit Jahren von polnischen Pflegekräften (24 h) unterstützt.
Nur die Eltern wohnen in diesem Haus.
Rente der Eltern ca. 1200 €. Kein weiteres Vermögen, nur das Haus.
Schwester A hat die Pflegevollmacht und hat selbst zum Teil mitgepflegt. Sie hat alle Pflegesachleistungen der Krankenkasse verwaltet.
Der Vater war Besitzer des Elternhauses. Wert des Hauses ca. 60.000 €. Kein Testament. Erbfolge: Die Mutter die Hälfte, die Kinder ein Achtel.
Schwester A erwartet nun einen erhöhten Erbanteil durch ihre Pflege - und Pflegeorganisation.
Sie beziffert ihren Pflegeeinsatz auf ca. 15 Stunden pro Woche.
Der Bruder hat in den letzten 5 Jahren ca.100.000 € bezahlt, 900€ monatlich zur Pflegeunterstützung, 30.000 € direkte Investitionen zur Erhaltung des Hauses, der Rest Heizöl usw.
Die Schwestern B und C verzichten auf ihren Erbanteil zu Gunsten des Bruders.
Die Frage:
Da der Bruder schon weit über den Wert des Erbes hinaus bezahlt hat, stellt sich die Frage, ob Schwester A dennoch Anspruch auf einen erhöhten Erbanteil hat und wenn ja, in welcher Höhe wäre dieser bei einer Erbsumme von ca. 60.000 € zu erwarten ??
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
0900-1010 999 * anrufen
Antwort des Experten
Sehr geehrte Fragenstellerin,
§ 2057 a BGB besagt:
"(1) 1Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Maße dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen; § 2052 gilt entsprechend. 2Dies gilt auch für einen Abkömmling, der den Erblasser während längerer Zeit gepflegt hat.
(2) 1Eine Ausgleichung kann nicht verlangt werden, wenn für die Leistungen ein angemessenes Entgelt gewährt oder vereinbart worden ist oder soweit dem Abkömmling wegen seiner Leistungen ein Anspruch aus anderem Rechtsgrund zusteht. 2Der Ausgleichungspflicht steht es nicht entgegen, wenn die Leistungen nach den §§ 1619, 1620 erbracht worden sind.
(3) Die Ausgleichung ist so zu bemessen, wie es mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang der Leistungen und auf den Wert des Nachlasses der Billigkeit entspricht.
(4) 1Bei der Auseinandersetzung wird der Ausgleichungsbetrag dem Erbteil des ausgleichungsberechtigten Miterben hinzugerechnet. 2Sämtliche Ausgleichungsbeträge werden vom Werte des Nachlasses abgezogen, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die Ausgleichung stattfindet."
Insofern kann ihr Bruder auch seine Leistungen geltend machen, da er ja auch "während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen" aufgefallen ist.
Ein Erbverzicht muss grds. notariell mit dem Erblasser zusammen beeurkundet werden. Eine Ausschlagung würde zum Anwachsen des Erbteils führen. UU ist es auch erbschafts- und schenkungssteuerlicher Sicht auch klüger, erst das Erbe auseinanderzusetzen. Meines Erachtens ist die einfachsten Lösung hier, dass Ihre Mutter ihren Bruder als Alleinerben testamentarisch einsetzt. Denn dann ist sie keine "gesetzliche Erbin" mehr. Denkbar wären natürlich auch andere Lösungen wie 45.000 € hier und den Rest da.
Zu der Frage, wenn man der Sachverhalt jur. unmodifiziert weiter laufen lässt, was eher nicht ratsam erscheint, da durch Testament der § 2057 a BGB einfach abgewandelt werden könnte:
Es ist schwer zu prognostizieren, was 15 Stunden Pflegeleistungen durch einen Laien werttechnisch ausmachen. Zumal ja an sich in einem ersten Schritt der Beweis für das Erbringen von 15 h geführt werden muss. Auch kommt es auf die Art der Leistungen sowie die Erbringungszeiträume an.
Wesentlich sicherer ist es, die Mutter ein Testament aufsetzen zu lassen, in dem nur nicht nach gesetzlichen Erbquoten eingesetzt werden darf!
Mit freundlichen Grüßen
D. Saeger
- RA -
Sie haben eine Frage im Bereich Erbrecht?
Raten Sie nicht weiter!
Unsere Rechtsanwält*innen geben Ihnen gerne eine kostenlose
Ersteinschätzung zu Ihrem Anliegen.
Jetzt kostenlose Ersteinschätzung einholen