Betreuungsrecht
Fragestellung
Sehr geehrte Frau True-Bohle,
ich benötige Rechtsberatung. Folgendes Problem:
Ich habe die ehrenamtliche gesetzliche Betreuung einer Frau mit geistiger Behinderung übernommen. Mir wird die Aufgabe aber zuviel, da es ein hochkomplexer Fall ist und ich will sie abgeben. Entsprechend habe ich dem Betreuungsgericht/der zuständigen Rechtspflegerin geschrieben, dass ich die Betreuung abgeben möchte zu einem Termin Ende November. Statt einer Bestätigung, dass sich jemand anders darum kümmert kam nur ein Hinweis, dass ich im Mai oder Juni nächsten Jahres wieder Termin habe, um die Finanzen der behinderten Frau darzustellen/vorzulegen. Meine Kündigung wurde also ignoriert und es wird so getan als wäre nichts. Ich habe angeboten, die Betreuung im medizinischen, sozialen Bereich weiter zu machen, aber die Finanzbetreuung möchte ich abgeben, oder aber das Betreuungsgericht erlaubt es, dass die Behinderte mit Hilfe ihrer Gast-/Pflegemutter die Finanzen selber macht (und ich nur Beratungsfunktion übernehme). Das ist ohnehin jetzt schon so, da die behinderte Frau bei der Gastmutter wohnt und die Gastmutter mit ihr den Umgang mit Bank- und Geldsachen übt. Da die behinderte Frau wohl (entgegen meiner Einschätzung) als vertragsfähig eingestuft wurde und sie also ohnehin auch Finanzsachen regeln darf, wie mir der Notar sagte wäre diese Option möglich, solange sie bei der Gastmutter ist und ihre Hilfe genießt. Doch das Betreuungs- und Familiengericht hat weder mit der Betreuten bisher gesprochen, noch eine Entscheidung festgelegt, außer dass ich auch noch in einem halben Jahr wieder zur Rechnungslegung erscheinen muss.
Inzwischen bin ich schon so weit, dass ich die ganze Betreuung abgeben möchte, so gerne ich die Frau mag. Doch es ist so aufwändig und kompliziert im konkreten Fall, dass ich es einfach weghaben möchte. Die Mutter der Behinderten war vorher die Betreuerin und wollte den Job loshaben. 3 Jahre wartete die Mutter auf eine Nachfolgerin, bis ich dann kam. Da die Behinderte sehr unter der Mutter litt, übernahm ich die Betreuung, bloß damit die Frau die Mutter los hat. Ich will aber keine 3 Jahre oder noch länger warten.
Was kann ich tun, damit das Betreuungsgericht handeln muss und einen anderen Betreuer festlegen muss? Wie werde ich dieses verflixte Ehrenamt bloß los? Gibt es einen Paragraphen, der es dem Betreuungsgericht ermöglicht, jemanden zu dem Ehrenamt zu zwingen, oder der festlegt, dass jemand, der eine Betreuung übernommen hat, es so und so lange weitermachen muss?
Vielleicht zur Sachinformation noch: Ich habe die Betreuung im Juli 2016 übernommen. Erste Reibereien gab es mit dem Betreuungsgericht, weil ich nicht rechtzeitig einen Kontoauszug der Betreuten vorlegen konnte. Ist klar, dass das Probleme mit sich bringt, denn ich bin zur Rechnungslegung verpflichtet. Grund war, dass ich ein Online-Konto für sie bei einer Online-Bank eröffnete und ich Probleme mit dem Account hatte. Es zog sich über Monate, bis ich endlich ins Online-Banking hineinkam. Das berichtete ich dem Betreuungsgericht. Sie ordneten dann aber ein Zwangsgeld an, was sie dann zwar wieder zurücknahmen, weil ich von der Online-Bank postalisch einen Kontoauszug einforderte und bereits dem Gericht eingereicht hatte. Für mich war aber klar, dass ich kein Ehrenamt machen will, dass so viel Ärger, Kosten und Undank mit sich bringt.
Danke für die Beantwortung meiner Frage.
Mit freundlichen Grüßen und Dankeschön.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwältin Sylvia True-Bohle
Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
Ihre Entlassung als Betreuerin ist nur über eine gerichtliche Entscheidung möglich.
Die Entlassung müssen Sie mit einem Antrag an das Betreuungsgericht nach § 1908b BGB ausdrücklich beantragen.
Nach dieser Vorschrift kann ein Betreuer seine Entlassung verlangen, wenn nach seiner Bestellung Umstände eingetreten sind, nach denen die Betreuung nicht mehr zugemutet werden kann (§ 1908b Abs. 2 BGB).
Das dürfte nach Ihrer Schilderung der Fall sein. Möglicherweise haben Sie schon gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die aufwändige Tätigkeit, dann sollten Sie diese auch anführen.
Sie müssen dem Gericht ganz förmlich in dem Antrag mitteilen, dass Sie den Aufgaben nicht gewachsen sind. Führen Sie im Antrag weiter aus, dass Sie die Anforderungen nicht erfüllen können, weil die Situation doch komplexer und schwieriger ist, als zunächst angenommen.
Es darf nicht der Anschein erweckt werden, dass Sie sich „nur aus Bequemlichkeit„ der Betreuung entziehen wollen. Ich nutze diese Wortwahl, weil nach der Rechtsprechung dieses nicht ausreicht.
Deswegen sollten Sie genau ausführen, warum Sie die Schwierigkeiten haben.
Ist dieser förmliche Antrag gestellt, darf er nicht ignoriert werden.
Erhalten Sie keine Nachricht, wenden Sie sich an den Amtsgerichtsdirektor. Mit einem förmlichen Schreiben bitten Sie diesen, darauf hinzuwirken, dass Ihr Antrag bearbeitet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
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