Bestandsschutzargumentation bei Brandschutzforderungen
Fragestellung
Guten Tag,
für einen alten Gasthof (50% Leerstand) muss ich alle Dächer sanieren (baufällig) und will in diese Zug zwei Anbauflachdächer (55 & 30m², ca. 30% der Gesamtdachfläche, Geb.kl.3 ) zu Dachterrassen umwandeln (Südseite). Beide Terrassen werden Bestandswohneinheiten direkt zugeordnet. Die Baukubatur des Gebäudes ändert sich 99% nicht. Die 4 Nutzungseinheiten im Gebäude sind Bestand und in historischen Bauakten genehmigt & dokumentiert. Dennoch hat das Gebäude eine zu enge Stellung zum benachbarten Wohnhaus (2-4m) und beide Gebäude haben je 5 Fenster und 3 Türen zum beengen, gemeinsamen Hof-Korridor.
Die Bauaufsicht nutzt den vorliegenden Bauantrag um Ausbildung einer geschlossenen Brandwand (meiner Westfassade und dem benachbarten Wohnhaus zugewandt) bzw. umfassende Brandschutzmaßnahmen einzufordern. Die beengte gemeinsame Hofsituation ist seit 150 Jahren Bestand und durch eine formelle Grundstücksteilung vor 75 Jahren brandschutzrechtlich/ abstandsflächenrechtlich relevant geworden. Die Bauaufsicht fordert weiterhin Löschwassernachweis etc., obwohl Brandlast und Kubatur des Bestandsgebäudes sich durch den Bauantrag nicht ändern. Mit der Brandwandforderung (für mich unhaltbar, wegen Sonnenlicht und erschließungsrelevant) blockiert die Bauaufsicht seit 10 Jahren jegliche bauantragsrelevante Veränderung/ Ertüchtigung. Jegliche gastronomische Nutzung ist seit 30 Jahren nicht mehr relevant und nicht geplant! Was tun in der Provinz?
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Daniel Hesterberg
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne auf Basis Ihres Einsatzes und des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Wenn Sie Anbauflachdächer zu Dachterrassen umwandeln wollen, gilt jedenfalls dafür der Bestandsschutz nicht mehr, da Sie damit in die Substanz des Gebäudes eingreifen.
Das änder leider auch nichts daran, dass beide Terrassen den jeweiligen Bestandswohneinheiten direkt zugeordnet werden.
Allerdings heißt das in der Tat noch nicht, dass damit neue Brandschutzmaßnahmen gefordert werden können.
Die derartigen wie oben dargestellte Veränderungen am Gebäude, wie Nutzungsänderungen oder Umbauten, grenzen den Bestandsschutz jedoch ein.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bereits Wohnungen vorhanden sind, die den Dachterrassen zugeordnet werden können. Also müsste ursächlich die Dachterrassen zu einem erhöhtem Brandschutz führen, was die Baubehörde darzulegen und zu beweisen hat.
Entsprechen rechtmäßig bestehende bauliche Anlagen sowie andere Anlagen und Einrichtungen nicht den Vorschriften, so kann verlangt werden, dass die Anlagen diesen Vorschriften angepasst werden, wenn dies im Einzelfall wegen der Sicherheit für Leben oder Gesundheit erforderlich ist.
Das gilt auch insbesondere bei wesentlichen Änderungen von Bauteilen der baulichen Anlage.
Wenn sich allerdings technisch gesehen Brandlast und Kubatur des Bestandsgebäudes sich durch den Bauantrag nicht ändern, so ist dieses auch in Ordnung.
Das muss das Bauamt erst technisch prüfen (lassen).
Ohne Weiteres kann also die Baubehörde einen erweiterten Brandschutz nicht einfordern.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Vielen Dank im Voraus für Ihre Bewertung meiner Antwort. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
D. Hesterberg
Rechtsanwalt
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