Aufstockungsunterhalt
Fragestellung
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin seit einem Jahr nach 13 jähriger Ehe geschieden. Beide Kinder (8und 11 Jahre) leben bei mir und sind alle 2 Wochen am Wochenende sowie zum Teil in den Ferien bei ihrem Vater.
Ich habe wegen der Erziehung und Betreuung der Kinder vor 11 Jahren meinen Job als Betriebswirtin in der Tourismusbranche aufgegeben. Als mein jüngstes Kind 2 Jahre alt war, ersuchte ich in meinem früheren Unternehmen um eine Teilzeitanstellung, was aber aufgrund der Komplexität des Aufgabengebietes nicht möglich war. Somit entschieden mein Exehegatte und ich, dass ich in den Schuldienst einsteigen sollte, um auch in Ferien und an Brückentagen für die Kinder dasein zu können. Diese Lehrtätigkeit übe ich bis heute aus, seit einem Jahr in Vollzeit.
Direkt nach der Scheidung habe ich einen Antrag auf nachehelichen Unterhalt gestellt. Dieser wurde nun vom Gericht abgewiesen mit der Begründung, ich könne mir einen besser bezahlten ManagerJob in der Touristikbranche suche. Dies ist aus verschiedenen Gründen aber gar nicht möglich:
1. Ich habe keinerlei Berufserfahrung, nach 11 Jahren würde ich als Berufsanfänger eingestellt
2. meine im Studium erworbenen Kenntnisse sind nach so langer Zeit verblasst
3. Ein Managerjob in der Touristikbranche bedeutet immer auch eine Reisetätigkeit, die ich mit Kindern in dem Alter gar nicht ausüben kann
4. Ich wohne in eher ländlicher Gegend, einen vom Gericht anvisierten Job würde ich eventuell in der 80 km entfernt liegenden Großstadt finden - wie soll ich dann meine Kinder versorgen, wenn ich erst um 18:00 daheim bin
Meine Anwältin ist momentan in Urlaub und kommt erst in 3 Wochen wieder, Beschwerde muss ich allerdings schon innerhalb der nächsten 4 Wochen einlegen. Was raten Sie mir?
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Antwort von Rechtsanwalt Reinhard Otto
Sehr geehrte Ratsuchende,
ich möchte Ihre Anfrage auf der Grundlage der von Ihnen dazu mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:
Zunächst ist in formeller Hinsicht die Frist zur Einlegung der Beschwerde einzuhalten.
nach § 63 FamFG ist die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Gericht einzulegen, das den Beschluss erlassen hat, also nicht beim OLG, vgl. § 64 Abs. 1 FamFG.
Wann genau Ihrer Anwältin der Beschluss zugestellt worden ist, wird nicht mitgeteilt. Unter Berücksichtigung des Urlaubs Ihrer Anwältin muss sichergestellt sein, dass sie nach Rückkehr aus ihrem Urlaub die Beschwerde noch fristwahrend einlegen kann. Sollte dies nicht gewährleistet sein, empfiehlt es sich, anderweitige anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie alleine können die Beschwerde nicht wirksam einlegen.
Eine umfassende Begründung der Beschwerde muss nicht notwendigerweise mit Einlegung der Beschwerde erfolgen. Hier kann das Gericht eine Fristverlängerung gewähren, vgl. § 65 FamFG.
In materieller Hinsicht scheint auf den 1. Blick, mehr ist ohne Kenntnis der Entscheidung nicht möglich, das Gericht die Ihnen obliegende Erwerbspflicht überzogen zu haben. Sofern die von Ihnen jetzt angeführten Punkte in 1. Instanz bereits vorgetragen worden sind, scheint das Gericht ihnen nicht gefolgt zu sein.
Natürlich muss bei der Frage, welche Tätigkeit Ihnen zuzumuten ist, auch die tatsächliche Betreuungsmöglichkeit und die Auswirkung auf die noch jungen Kinder mit geprüft werden. Ihr scheint in der Tat ein guter Ansatz zu sein, die Beschwerde zu begründen.
Schließlich waren Sie und Ihr Exmann sich darüber einig, dass die jetzt von Ihnen ausgeübte Tätigkeit eine angemessene Erwerbstätigkeit im Zusammenhang mit dem nachehelichen Unterhalt darstellt. Es muss auch berücksichtigt werden, dass Sie diese Tätigkeit ja bereits Vollzeit ausüben.
Da zumindest auf den 1. Blick gute Erfolgsaussichten für das Beschwerdeverfahren gegeben sind, sollten Sie auf jeden Fall sicherstellen, dass die Beschwerde fristgerecht eingelegt wird. Von entscheidender Bedeutung ist dafür das Datum, an dem Ihrer Anwältin die Entscheidung zugestellt wurde.
Sofern Ihrer Anwältin diesen Termin zur Einlegung der Beschwerde versäumen sollte, würde Ihnen dieses Versäumnis zugerechnet werden. Es würden dann möglicherweise Schadensersatzansprüche gegen die Anwältin entstehen.
Schließlich muss berücksichtigt werden, dass die Anwältin verpflichtet ist, bei einem dreiwöchigen Urlaub für eine Vertretung zu sorgen. Sie kann nicht einfach ihre Kanzlei für 3 Wochen schließen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Otto
Rechtsanwalt
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Ich kann die Entscheidung des Gerichts auch nicht nachvollziehen. Hier noch ein paar finanzielle Eckdaten:
Ich verdiene momentan 1620 Euro monatlich netto. Mein Exmann verdient 3464 Euro zuzügl. Spesen von 400 Euro.
Das Gericht unterstellt mir allerdings einen Verdienst von mind. 2200 Euro, da ein Produktmanager in der Touristikbranche mind. 64000Euro brutto pro Jahr verdient.
Ist das so überhaupt möglich?
Da scheint das Familiengericht deutlich über die Stränge geschlagen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen