Arbeitszeugnis
Fragestellung
Hallo,
mein befristeter Vertrag wurde nicht verlängert. Mir wurde ein Zwischenzeugnis angeboten, aber nie ausgehändigt. Mein qualifiziertes Arbeitszeugnis habe ich an meinem letzten Arbeitstag erhalten und hatte somit nicht die Möglichkeit, direkt dagegen anzugehen. Ich habe den Eindruck, dass es sehr negativ ist und möchte es daher professionell prüfen lassen. Die Situation bei meinem alten Arbeitgeber war wie folgt: Ich wurde über eine Personalvermittlung eingeladen, habe dann die zweite Stelle bekommen, nachdem die ursprüngliche Stelle intern vergeben wurde und meine Vorgängerin gekündigt hatte. Sie war nur noch 3 Wochen da, hat mich quasi nicht eingearbeitet (es war mein Berufseinstieg). Ich war für den französischen Markt zuständig, mit zwei anderen Kollegen, die sich eine volle Stelle geteilt haben. Die eine Kollegin hat erst die Niederlande betreut, war aber schon lange im Unternehmen, kannte also die Arbeit, aber die Kunden und die Sprache (nur Schulfranzösisch) nicht. Die zweite Kollegin war erst 2 Monate nach Beginn meiner Arbeitszeit aus dem Mutterschutz zurück. Ich musste mir quasi alles selbst beibringen, weshalb die Leistung in der Anfangszeit nicht sehr gut war. Nachdem ich 3 Monate im Unternehmen war, hat mein Vorgesetzter das Unternehmen verlassen. Der neue Vorgesetzte hat von diesen Bedingungen der Einarbeitung natürlich nichts mitbekommen. Die ganzen zwei Jahre hatte ich den Eindruck, dass meine Teamleiterin mich nicht leiden konnte, und es wurde oft mit zweierlei Maß gemessen. Mein neuer Vorgesetzter hat sich nach meiner Teamleiterin gerichtet. Meine Überstunden, gutes Verhältnis zu Kollegen, auch insbesondere zu den Außendienstmitarbeitern, Sprachkenntnisse und Kundenkontakt wurden in meinen Augen nicht gewürdigt, obwohl ich alle Kunden sehr gut kannte. Die Kunden haben immer nach mir gefragt, wenn die Kollegin, die die Niederlande vorher betreut hatte, sie am Telefon hatte, weil sie nicht gut französisch sprach. Wenn ich Fehler in Aufträgen gesehen habe, habe ich die ohne viel Aufhebens korrigiert. Also alles in allem habe ich gute Arbeit geleistet, sie war nicht perfekt, aber besser als in dem Zeugnis geschrieben, zumindest als wie ich es empfinde. Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass mit keinem Wort das Arbeitsverhältnis zu den Kollegen und Vorgesetzten genannt wird und allgemein wirkt das Arbeitszeugnis nüchtern. Ich verstehe die Hauptaussage so: Sie kam zur Arbeit, verrichtete ihre Arbeit (mehr schlecht als recht) und ging wieder. Zu den Kunden war sie ganz ok, aber sonst war sie sozial und auch arbeitstechnisch zu nichts zu gebrauchen. Wir schreiben jetzt, dass wir ihr zu Dank verpflichtet sind aber eigentlich sind wir nur froh, dass sie weg ist und ihr auf keinen Fall freiwillig danken.
Ich habe des öfteren gefragt, ob mein Vertrag verlängert wird, wurde aber hingehalten und habe erst am 28. Oktober erfahren, dass dies nicht der Fall ist. Die Frist beim Arbeitsamt zur Arbeitssuchendmeldung war der 31. Oktober. Angeblich wurde die Stelle von der Konzernspitze gestrichen (keine Unbefristungen mehr und StelL.bbau). Zwei Wochen vor meinem Ende in dee Firma wurde uns gesagt, dass wir einen Leiharbeiter bekommen, der mich dann ersetzen soll (eine Teikzeitkraft aus dem Team fällt längere Zeit aus). Diesen habe ich in meinen letzten beiden Wochen dann einarbeiten müssen. Inzwischen habe ich von alten Kollegen erfahren, dass der Leiharbeiter schon wieder weg ist. Es war auf jeden Fall genügend Arbeit da, eine halbe Kraft kann nicht die Arbeit von 2 vollen Stellen übernehmen. Ich habe bis zu meinem letzten Tag gewissenhaft und ohne Krankmeldung gearbeitet und meine Arbeit bis zur letzten Minute ernst genommen, obwohl die Situation so negativ war. Ich wollte meinen Kollegen nicht so viel Arbeit überlassen. Und dann kommt dieses Zeugnis. In meinen Augen ist es eine Frechheit.
Bitte prüfen Sie das Zeugnis, damit ich es anfechten kann.
Herzlichen Dank im Voraus.
Beste Grüße,
L. S.
Hinweis: Die Frage und Antwort wurde anonymisiert und mit Erlaubnis des Kunden veröffentlicht. Ihre eigene Frage wird standardmäßig nicht veröffentlicht.
Antwort von Rechtsanwalt Kriminaldirektor aD Willy Burgmer
Gerne zu Ihrem Auftrag 25248 (RSV), ausgehend von Ihrer Situations- und Fallbeschreibung:
Kurzcheck Ihres Arbeitszeugnisses (Überprüfung auf Vollständigkeit, Form, Reihenfolge)
Es handelt sich um ein standardmäßig formuliertes und formatiertes „qualifiziertes Zeugnis“. Kopf (Rubrum) und Redaktion sind soweit OK. Allerdings sollte beim qu.Z. der Ort Ihrer Tätigkeiten genannt werden, weil sich dem externen Leser nicht erschließt, ob Sie am Firmen(haupt)sitz, oder wo auch immer, vorwiegend Ihre Leistungen erbringen.
Die vorliegend 11 Aufgabenschwerpunkte (Wesentliche Tätigkeiten) sind OK, wenngleich nicht strukturiert und ohne Hinweise auf eine etwaige Führungsverantwortung, Teamarbeit, Berichtsablauf etc.
(Da ich Ihren Arbeitsvertrag nebst Leistungsbeschreibung nicht kenne, müssen Sie selbst entscheiden, ob hier noch etwas fehlt)
Feststellung der Gesamtnote des Arbeitszeugnisses
(nicht ganz schlüssig)
"befriedigend“ Schulnote 3. Man bemüht sich, die klassischen Formulierungen für befriedigend zu verwenden, um die Beweislast zu vermeiden. Es fehlen meist die Standards zur positiven Verstärkungen wie "immer äußerst sorgfältig, effizient" s. im Einzelnen unten.
Aufschlüsselung der einzelnen Bewertungspunkte in Schulnotensystem
Eignung und Befähigung:
Knapp "gut"; eher „befriedigend“ es sollten noch angefügt werden, dass Sie gute Kenntnisse der französische Geschäftssprache haben, die einen Mehrwert auch für das Unternehmen hatten. Darauf haben Sie im Rahmen der „Vollständigkeit und Richtigkeit“ nach der GewO einen Anspruch. Dasselbe gilt für Ihre nützliche Auslandskontakte nebst etwaiger Verstärkungen (stes, sehr, immer etc.)
Subjektives Leistungsverhalten (Arbeitsweise)
Insgesamt eine unschlüssige Darstellung, weil „gute“ Standards (außerordentliche Einsatzfreude/überzeugte sie in hohem Maße) im abwertenden Gegensatz stehen zu „soliden Resultaten.“ Gerade dieses Junktim ist ein verdeckter Hinweis, dass es der Mandantin trotz starken Bemühens bei „anspruchsvollen Problemstellungen“ nicht gelungen ist, mehr als „solide“ (= ausreichende) Erfolge zu erzielen. Daher "befriedigend".
Zusammenfassung; objektives Leistungsergebnis
Dieser Punkt ist als Anker für das Gesamtergebnis stets hoch gewichtet. Hier knapp „befriedigend“, wobei wegen Fehlens einer wohlwollenden (darauf haben Sie einen Anspruch!) Verstärkung (immer/sehr/stets) leider auch mit Tendenz zum ausreichend.
Damit wäre der Arbeitgeber in der Beweislast,
Es muss aber auch Schlüssigkeit mit dem gesamten, teilweise auch positiven Kontext bestehen, weswegen die Gesamtnote hier mit „befriedigend“ festgestellt werden kann.
Sozialverhalten: Auch hier unschlüssig: Es fehlt die Erwähnung der Vorgesetzen UND Kollegen/innen. Eine Pauschalierung ist abwertend.
Schlussformel:
Auch unschlüssig.
Es fehlt das „sehr“ beim Bedauern. Andererseits wird für „gute Leistungen“ gedankt, was allerdings kein echtes Leistungskriterium ist.
Entschlüsselung von Zeugniscodes: Siehe oben Junktim „solide“ bei „anspruchsvollen Problemstellungen.
Überprüfung von unglaubwürdigen Lobpreisungen: Entfällt.
Hinweis auf versteckte Andeutungen / unzulässige Passagen: Pauschalierung Sozialverhalten.
Klare Handlungsempfehlung von einem Anwalt bzgl. des weiteren möglichen Vorgehens
Im Weigerungs/Streitfall liegt die Beweislast oberhalb des "befriedigend" bei Ihnen; nur darunter ist der AG beweispflichtig.
Ich danke Ihnen für das in mich gesetzte Vertrauen und bin mit guten Wünschen zum Erfolg,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt u. Krim.Dir. aD
Fort Myers, FL/USA
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Zur Klarstellung weise ich darauf hin, dass ich nur unter Verweis auf das RVG in der Fassung vom 30.06.2006 (d.h. vor Abschaffung der gesetzlichen Beratungsgebühr) arbeite. Also mit der Vereinbarung, dass die Beratungsgebühr aus dem Auftrag 25248 RSV und eine Erstberatungsgebühr der RSV weder miteinander, noch auf die Gebühren angerechnet werden, die ich für weitere Tätigkeiten in dieser Angelegenheit entfalte.
Ferner berate und vertrete ich Sie nur außergerichtlich.
Nach Ihrer Einverständniserklärung geht die Deckungsanfrage an Ihre RSV raus.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt u. Krim.Dir. aD