2. Meinung
Fragestellung
Sehr geehrter Herr Wöhler,
ich hätte gern eine 2. Meinung zur Begründung der Berufung.
Aufgrund der Frist benötige ich eine Antwort bis Mittwoch 23.11.16, 15.00 Uhr
Vielen Dank
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Antwort von Rechtsanwalt Oliver Wöhler
Sehr geehrter Fragesteller,
ich danke für die Anfrage. Aufgrund des Umfangs der Unterlagen und des sehr engen Zeitfensters ist hier natürlich nur eine erste überschlägige Einschätzung möglich. Eine Vertiefung lassen weder Zeit noch Umfang zu.
1. Ich bin der Meinung das die Berufung durchgeführt werden sollte. Den Ausgang würde ich aber als offen bezeichnen.
Ich sehe es eher als wahrscheinlich an, dass auch das LAG der Argumentation des ArbG folgen wird, wonach kein Gesamtbetriebsübergang vorliegt. Sicher ist zu überlegen ob nicht der eigene Vortrag der Gegenseite gegenüber dem Integrationsamt und der Krankenversicherung diese bindet und zumindest zu einer Beweiserleichterung führt. Insofern halte ich die Ausführungen im Entwurf für richtig und angemessen.
Allerdings weist auch die Kommentierung von Preis zu § 613 a BGB die im Entwurf auf Seite 12 zitiert wird darauf hin, dass der AN der Ansprüche gegen den angeblichen Betriebserwerber geltend macht darlegen und beweisen muss, dass ein Betrieb oder Betriebsteil auf Grund eines Rechtsgeschäfts auf diesen übergegangen ist (Erfurter Kommentar/Preis, § 613 a Rn. 177).
Ein Anscheinsbeweis zugunsten des AN besteht nur wenn er darlegen kann das die wesentlichen Betriebsmittel vom Erwerber übernommen worden sind (Erfurter Kommentar aaO.).
Ich sehe es so, dass man wohl eher bei der Zentrale von eimem Betriebsteil ausgehen muss. Hier kommt auch dem Interessenausgleich eine gewisse Indizwirkung zu. Meiner Meinung nach spricht mehr dafür die Zentrale als selbstständigen Betriebsteil zu sehen.
Dann kommt es aber entscheidend auf die Argumentation ab Seite 13 III. des Entwurfs an. Sie werden mehr vortragen müssen zum Thema Übergang des Betriebsteils Zentrale. Es wird auf die Wahrung der wirtschaftlichen Identität ankommen und dabei primär inwieweit AN und Betriebsmittel aus der Zentrale vom Erwerber übernommen worden sind.
Der Erwerber muss einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernehmen. Die Arbeitsorganisation und Betriebsmethoden müssen durch die Übernahme des wesentlichen Personals übernommen werden ( BAG NZA 98, 534).
Hier erachte ich den Vortrag bisher für nicht ausreichend, weil die Bezugnahme auf eine Namensliste Anlage BK 4 nicht ausreichen dürfte. Man muss schon vortragen wie viele AN aus der Zentrale also wie viel % übernommen wurden und was deren Aufgaben sind. Das alles gilt immer nur solange man natürlich unterstellt das die Zentrale ein Betriebsteil ist.
Man muss darlegen das die Zentrale in Ihrer Funktion beim Erbwerber weiter geführt wird, etwa durch die Übernahmen des Schlüsselpersonals.
Wer sind die wichtigsten Mitarbeiter mit dem umfassendsten Know-How (Seite 13)? Dieser Vortrag wird nach meiner Sicht vom LAG als unsubstantiiert angesehen werden.
Der Vortrag zur Administration beim Erwerber ist ebenfalls eher spekulativ. Genau auf diese Fragen wird es aber ankommen.
Der Vortrag Seite 15 ist gut und richtig sollte aber nach Möglichkeit vertieft werden. Wie sieht der Bereich Zentralfunktion beim Erwerber aus und wer arbeitet dort?
Hier muss man vertiefen.
Auf das "Klarenberg Urteil" sollte man in jedem Fall verweisen weil diese die Anforderungen für den AN absenkt.
Daneben ist es aber absolut richtig die Linie zu vertreten das die Zentrale gar kein Betriebsteil war, bzw. nur unselbstständig war.
Alles in allem sind Fälle wie Ihrer immer eine Entscheidung im Einzelfall so dass Prognosen sehr schwer sind.
Die Richtig halte ich für richtig ich würde den Fokus aber stärker in Richtung Übergang des Betriebsteils lenken.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht
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